IX. Bremer Symposium für Psychosoziale Notfallversorgung
Psychosoziale Notfallversorgung
Wir brauchen keine Helden !
Welche Hilfen brauchen Helfer ?
Samstag, 19.11.2016
Haus der Bürgerschaft
Am Markt 21
28195 Bremen
Referentenbeiträge
Prof. Dr. Irmtraud Beerlage
Diplom Psychologin
Hochschule Megdeburg-Stendal
Fachbereich Soziale Arbeit, Gesundheit und Medien
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Extremer Einsatz, Alltagsstress und Dauerbelastungen
Hilfe für Helfer im Wandel
Eine umfassende psychosoziale Gesundheitsförderung für Einsatzkräfte ist tägliche Führungsaufgabe.
Eine umfassende psychosoziale Gesundheitsförderung für Einsatzkräfte muss sowohl extreme Einsatzerfahrungen als auch tätigkeitsbezogene und arbeitsorganisatorische Alltagsbelastungen und Bewältigungsressourcen im Blick haben.
Nicht nur „extrem belastende Einsatzsituationen“ entfalten ein Traumapotenzial. Auch der Alltag hat es in sich.
Ein verändertes Einsatzspektrum (aufgrund z.B. Terror bezogener Maßnahmen, Massenmigration, kultureller Diversität der Bevölkerung) erfordert eine Anpassung der Qualifizierungsmaßnahmen und Durchführungsmodalitäten der PSNV für Einsatzkräfte
Peers teilen die Erfahrungen ihrer Kolleginnen zwischen Alltags- , Dauer- und Extrembelastungen. Frage: Wollen und/oder können Sie in ihrem Selbstverständnis für das gesamte Belastungsspektrum ansprechbar sein? Was benötigten sie noch dazu?
Dr. med. Alexander Jatzko
Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie
Westpflanz-Klinikum GmbH, Kaiserslautern
Psychosomatische Abteilung
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Stress, Burn out, Depression: wie bekomme ich es garantiert
– und wie nicht!
Was steckt hirnphysiologisch hinter einem Burn out?
Warum ist es so eine Modediagnose geworden?
Bei diesem Vortrag werden die hirnphysiologischen Grundlagen eines Burn out dargestellt.
Die alten unbewussten „Gefühlszentren“ lassen sich hierbei nicht mehr durch unser Großhirn kontrollieren und beginnen ein Eigenleben.
Leider wird dieses Eigenleben durch Ängste, Herabgestimmtheit und Überforderung sowie viele körperliche Symptome geprägt.
Warum das so ist und wie es dazu kommt wird bei diesem Vortrag erklärt. Darüber hinaus wird auch dargestellt, was man tun kann, um diese hirnphysiologischen Zustandsveränderungen zu beeinflussen.
Je mehr man diese Zusammenhänge verstanden hat, kann dies auch bei der täglichen Arbeit mit Patienten/Klienten hilfreich sein.
Prof. Dr. Dietmar Heubrock
Diplom Psychologe
Universität Bremen
Institut für Psychologie und Kognitionsforschung
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Erinnern – Verdrängen – Vergessen?
Wie können, wie wollen und wie sollen wir mit unseren Erlebnissen bei Notfalleinsätzen umgehen.
Ob wir ein traumatisches Erlebnis oder Teile davon wirklich vergessen (im Sinne von: es ist nicht im Langzeitgedächtnis gespeichert und nie wieder abrufbar), hängt von den konkreten Umständen des Einsatzes und unserer Reaktion ab – das werden wir uns näher ansehen.
„Verdrängtes“ ist nicht „vergessen“ – es bedarf einer (zusätzlichen) aktiven Kraftanstrengung, etwas Nicht-Vergessenes zu verdrängen – wir werden uns ansehen, ob und wenn ja, wann diese psychische Energie nützlich ist.
Grundsätzlich zeigt die Erfahrung, dass es für die eigene Psychohygiene besser ist, nicht zu vergessen und nicht zu verdrängen, sondern sich mit Erinnerbarem aktiv auseinanderzusetzen – wir werden darüber reden, wie dies am besten geschehen sollte.
Pastor Frank Waterstraat
Leiter des kirchlichen Dienstes in Polizei und Zoll der Konföderation ev. Kirchen in Niedersachsen. Fachberater für die Psychosoziale Unterstützung der Feuerwehr-Unfallkasse Niedersachsen / Hannover
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Persönliche Ressourcen als Schutzfaktoren bei hohen psychischen Belastungen
Polizisten, Feuerwehrleute, Rettungsdienstmitarbeitende, Soldaten, Mitarbeiter des THW und Notfallseelsorgerinnen und Notfallseelsorger sind einem erheblich höheren Risiko als der Bevölkerungsdurchschnitt ausgesetzt, in ihrem Berufsleben oder während ihres ehrenamtlichen Engagements mit außerordentlich belastenden Eindrücken konfrontiert zu werden.
Diese Stressoren können sehr vielfältig sein, z. B. Schwerverletzte oder Tote zu sehen, Schreien und Weinen zu hören, Verletzungen zu berühren, Gewalt anwenden zu müssen oder sich ungewollt mit den Betroffenen zu identifizieren: „Wie ginge es mir, wenn mein Kind hier gestorben wäre?“.
Bloße Vermeidungs- oder Verdrängungsstrategien helfen meist nur kurzfristig und verhindern, dass präventiv, einsatzbegleitend oder nachsorgend wirksame Verhaltensweisen im Kontext solcher Grenzerfahrungen entwickelt werden.
Hilfreich ist ein möglichst breites Spektrum wirksamer Schutzfaktoren. Wer diese für sich und seine Kolleginnen und Kollegen einsetzt, kann sich auf extreme Situationen besser vorbereiten und sie ggf. angemessener bearbeiten.
Auf dem Weg zu dieser positiven (Selbst-) Erkenntnis sind eigene Stärken bewusst zu suchen und zu entdecken.
Der Vortrag möchte weniger darlegen, warum ein bestimmter Prozentsatz z. B. von Einsatzkräften erkrankt, sondern mehr, wodurch ein weit höherer gesund bleibt
Der amerikanische Psychologe A. Antonovsky nennt diesen Ansatz „Salutogenese“, d.h., er fragt nach den Grundbedingungen von Gesundheit im Kontext erheblicher oder höchster Belastungen. Diese Idee soll auf die Lebenswelt von Einsatzkräften übertragen werden, indem nach möglichen persönlichen Ressourcen und Resilienzfaktoren gesucht wird.